Möwe spiegelt sich im Wattenmeer, Titelbild des Projekts Küstenwandel
Familie auf Wattwanderung spiegelt sich im Watt, Bild auf dem Kopf stehend

Zu Besuch beim Sozialkaufhaus Varel „Bei uns kann jeder kaufen“

Das Sozialkaufhaus Varel besteht seit 2016. Träger ist der deutsche Kinderschutzbund. Die Idee dafür kam Helga Dobberstein und ihrem Enkel, als im Nachbarort Zetel ein soziales Kaufhaus eröffnet hatte. Auf einem Neujahrsempfang sprachen die beiden den Vareler Bürgermeister Gerd-Christian Wagner darauf an. Er stellte ihnen den Laden an der Schlossstr. 2 in Varel zur Verfügung. Die Ladeneinrichtung ist gebraucht oder wurde von Unternehmen aus der Region gespendet. Helga Dobberstein arbeitet ehrenamtlich zusammen mit zwölf weiteren Helfern.

Im Sozialkaufhaus werden gespendete Haushaltswaren verkauft. Viele der Dinge kommen aus Wohnungsauflösungen von älteren Menschen, die gestorben sind. Besonders häufig werden Spielzeug, Deko und Goldrandgeschirr abgegeben. Puzzle werden sogar auf ihre Vollständigkeit geprüft. Aber auch Wasserpfeifen fanden schon ihren Weg ins Sozialkaufhaus. „Wir haben einmal 24 nagelneue Thermoskannen gespendet gekriegt. Das war ein bisschen ungewöhnlich.“ erzählt Helga Dobberstein. Vor zwei Jahren hat das Sozialkaufhaus selbst eine Spende für eine Spülmaschine erhalten, um gebrauchtes Geschirr spülen zu können: „Manchmal kommt Geschirr, da ist noch der Kaffeesatz und der Zucker drin und in den Weingläsern ist noch der Rest Wein angetrocknet“. Die Menschen spenden die Waren, weil sie im Kreislauf bleiben sollen. Es ist nachhaltiger gebrauchte Waren zu kaufen als neue. Nicht alles muss gleich entsorgt werden. Gebraucht kaufen hilft Ressourcen zu sparen.
Elektrogeräte werden jedoch nur wenige abgegeben. „Mixer sind immer Mangelware“, erklärt Helga Dobberstein. Das Sozialkaufhaus nimmt alle noch gut erhaltenen Haushaltswaren an. Möbel und Kleidung können jedoch nicht angenommen werden.

95 Prozent der gespendeten Waren können weiterverkauft werden. „Das ist alles einwandfreie Ware“, betont Helga Dobberstein. Die Originalpreise der Waren werden im Internet recherchiert. Das Sozialkaufhaus verkauft die Waren dann für die Hälfte des Originalpreises. Wo man sonst nur zwei Tassen fürs Geld bekommt, erhält man im Sozialkaufhaus sechs Tassen. Am liebsten kaufen die Kunden Deko und Espressotassen. „Die großen Töpfe sind immer innerhalb von ein paar Tagen ausverkauft – vor allen Dingen, wenn dann Ramadan ansteht.“, so Helga Dobberstein. Etwa die Hälfte der Kunden hat einen Migrationshintergrund schätzt die Organisatorin des Sozialkaufhauses. Die andere Hälfte sind Einheimische und Kurgäste, die im Sozialkaufhaus gerne ihre Bücher für den Urlaub kaufen.
Manchmal landen verkaufte Dinge aus dem Sozialkaufhaus auch zu einem höheren Preis im Internet. Aber Helga Dobberstein möchte die Waren selbst nicht im Internet verkaufen, weil das nicht der Kundenkreis ist, den das Sozialkaufhaus ansprechen möchte: „Auch Leute die nicht viel Geld haben, wollen ja mal schöne Sachen erwerben.“ Die meisten an das Kaufhaus gespendeten Dinge werden tatsächlich verkauft. „Wenn wir Bettwäsche gar nicht verkaufen können, kriegt die das Tierheim in Wilhelmshaven oder in Aurich“, sagt sie. Weggeworfen wird im Sozialkaufhaus also nichts.

Mittlerweile gibt es auch eine Kooperation mit dem diakonischen Hilfswerk. Dieses stattet Flüchtlinge mit Möbeln aus. Über das Sozialkaufhaus bekommen sie dann Haushaltswaren. Im Beisein eines Integrationslotsen der Stadt Varel wird ausgesucht. Die Erstausstattung ist in diesem Fall kostenfrei.
Aber das Sozialkaufhaus ist kein Laden, der sich nur an Bedürftige richtet. „Bei uns kann jeder kaufen, man braucht keinen Berechtigungsschein“, erzählt Helga Dobberstein.
Liegt jedoch ein Bedürftigkeitsnachweis vor, gibt es für den Inhaber bestimmte Dinge sogar umsonst. Ehrenamtlich Aktive bekommen mit der Ehrenamtskarte 20% Rabatt.

Zu Weihnachten bekommt das Kaufhaus sehr viel Weihnachtsdeko gespendet. Einige Teile werden an das Hospiz oder an Schulen weitergereicht: „Christbaumkugeln geben wir viel an Grundschulen weiter, damit die ihre Klassenräume und die Mensa schmücken können“.
Sämtliche Einnahmen des Sozialkaufhauses kommen einem guten Zweck zugute. Letztes Jahr erhielt jedes Kind aus dem Heilpädagogischen Kindergarten in Seghorn eine Tafel Schokolade und einen Vareler Zehner, der in Vareler Geschäften eingelöst werden kann. Dafür hat Helga Dobberstein sogar achtzig Weihnachtsbriefe selbst per Hand geschrieben.
Die Ideen für Spendenaktionen werden im Vorstand besprochen: „Bis jetzt haben wir noch nie gesagt: Gibt’s nicht!“
Den Opfern des Hochwassers von 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat das Sozialkaufhaus Handtücher und Putzmittel gespendet. „Die hatten in den Notunterkünften zwar Betten und Decken aber keine Handtücher, da hat keiner dran gedacht,“ bemerkt Dobberstein.
Dieses Jahr möchte das Sozialkaufhaus ein Kinderheim im Flutgebiet beschenken. Bereits jetzt sind 1500 Euro an Spenden übermittelt worden und zu Weihnachten soll zusätzlich jedes Kind ein eigenes Geschenk bekommen.

 

Kontakt

Im Küstenwandel-Profil vom Sozialkaufhaus Varel findet ihr alle wichtigen Daten, wie Adresse, Telefonnummer oder Öffnungszeiten.
Oder ihr schaut direkt auf die Website.

Helga Dobberstein erzählt über das Sozialkaufhaus

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