Möwe spiegelt sich im Wattenmeer, Titelbild des Projekts Küstenwandel
Familie auf Wattwanderung spiegelt sich im Watt, Bild auf dem Kopf stehend

Watt'n Müll

Müllsammelaktion auf Minsener Oog

Da die Aktion tidenabhängig ist, bedarf es jedes Jahr umfangreiche Organisationen im Vorfeld. Zu erreichen ist die Insel nur mit geeigneten Booten, welche an den ausgewiesenen Stellen im Watt „trockenfallen“ können. Für die Besatzung der Boote, die im tieferen Wasser ankern müssen, kommen Schlauchboote oder Dingis als „Insel-Shuttle“ zum Einsatz. Gesammelt wird bei Niedrigwasser, die Zeit ist folglich begrenzt. Die Sammelgebiete sind vorgegeben, das Inselinnere darf zum Schutz der Vögel nicht betreten werden. An den Stränden unbewohnter Inseln, auf denen, wie üblich, keine regelmäßigen Müll-Säuberungen stattfinden, ist die Verschmutzung deutlich sichtbar. Auf Minsener Oog werden pro Sammelaktion durchschnittlich 12 Kubikmeter Müll zusammengetragen. Eine erhebliche Menge, wenn man berücksichtigt, dass nur ein kleiner Bereich der Insel gereinigt wird und ein Großteil des Mülls von Sand bedeckt, also unsichtbar ist. Gesammelt wird der Müll in sogenannten Big Packs, die von der Reederei am Anlandeplatz abgeholt werden.

 

Was wird vorgefunden und eingesammelt?

Verpackungsmaterialien, Kanister, Dosen, Flaschen, Strandspielzeug, Luftballons, Strohhalme und Kleidung, also privater Müll und Müll aus der Berufsschifffahrt. Vor allem sind es aber Netze, Leinen und Plastikschnüre aus der Fischerei, die in der Regel aus Kunststoff bestehen. Dieser Müll, mit einem beachtlichen Anteil an Dolly Ropes, macht 80 - 90% der zusammengetragenen Menge aus. Dolly Ropes sind Scheuerfäden aus Polyethylen. Europaweit kommen sie bei der Grundnetzfischerei zum Einsatz. Diese sollen die Fischernetze beim Kontakt mit dem Meeresboden vor dem Durchscheuen und Zerreißen schützen.

Für den Fang von Krabben und Plattfischen im Wattenmeer werden spezielle beutelförmige Grundschleppnetze, die sogenannten Baumkurrennetze, verwendet, bei denen die Scheuerschutz-Quasten aus dünnen Polyethylenfäden an der Unterseite der Netze eingeflochten werden. Dolly Ropes sind Verschleißmaterial. Bereits zwei Wochen nach Befestigung sind 10 - 25 % des Materials abgerissen. Laut Umweltbundesamt werden allein in der niederländischen Fischerei schätzungsweise jedes Jahr 50 – 100 Tonnen Dolly Ropes in die Nordsee eingetragen.

 

Es geht auch ohne Plastikfäden!

Mittlerweile widmen sich verschiedene Forschungsprojekte diesem Problem. Umsetzbare Alternativen, wie neue Netz-Konstruktionen mit Schwimmkörpern oder Scheuerfäden aus natürlichen Materialien sind in der praktischen Erprobung. Die Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer will laut BUND in Zukunft freiwillig auf den Einsatz synthetischer Dolly Ropes verzichten. Problematisch ist, dass das EU-Fischereirecht den Einsatz dieser Scheuerschutzmaterialien grundsätzlich erlaubt und ein längst überfälliges Verbot nur sinnvoll ist, wenn es auf europäischer Ebene durchgesetzt wird. Nach jahrelangen Forderungen seitens verschiedener Umweltschutzorganisationen, nimmt sich die Bundesregierung endlich dieser Thematik an.

Die Auswirkungen auf die Umwelt sind immens. Im Wasser oder am Strand, als kleine Plastikteilchen oder als Knäul aus bunten Plastikschnüren, sind sie überall zu finden. Sie gelangen in die Nahrungskette der Meerstiere und werden für Vögel zur tödlichen Falle. Denn diese verwechseln die dünnen Stränge mit natürlichen Nistmaterialien. In den Brutkolonien der Basstölpel auf Helgoland ist das künstliche Baumaterial nahezu in jedem Nest. Die Vögel verheddern sich in den Fäden, werden stranguliert oder verhungern, da sie sich nicht daraus befreien können.

Mit oder ohne Dolly Ropes bleibt die Grundnetzfischerei im Wattenmeer eine fragwürdige Fangmethode. Denn in den feinmaschigen Netzen sterben viele Fische und Meerestiere als unerwünschter Beifang, ebenso umstritten sind die Auswirkungen durch die ständige Störung des Meeresbodens. Einsammeln erwünscht! Wir alle können einen kleinen Beitrag leisten, indem wir die Plastikschnüre beim nächsten Strandspaziergang einsammeln und entsorgen oder kreativ weiterverarbeiten.

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