Möwe spiegelt sich im Wattenmeer, Titelbild des Projekts Küstenwandel
Familie auf Wattwanderung spiegelt sich im Watt, Bild auf dem Kopf stehend

Reparieren statt wegwerfen - Das Repair Café in Schortens

Wer kennt es nicht? Ein Elektrogerät geht kaputt und man kauft sich ein neues. Denn oft ist der Neukauf billiger oder nicht viel teurer als eine Reparatur. Ähnlich geht es bei Möbeln, Textilien und sonstigen Haushaltswaren zu. Doch diese Art von Konsum verbraucht Ressourcen und verursacht viel Müll. Dabei könnten viele Dinge mit wenig Aufwand sogar selbst repariert werden.

Im Repair Café in Schortens bekommt man dabei kostenfreie Hilfe von ehrenamtlichen Fachleuten. Seit 2015 veranstaltet eine Initiative regelmäßig das Repair Café. Die Termine finden mittlerweile fast jeden Monat an einem Samstag von 14 bis 17 Uhr im Regionalen Umweltzentrum statt. Dazu gibt es Kaffee, Tee und Kuchen zum kleinen Preis. Rund fünfzehn Menschen helfen regelmäßig beim Reparieren. Sie kennen sich mit Dingen aus den Kategorien Textilien, Elektronik und Möbel aus. Viele sind Hobbybastler und Rentner, die früher beruflich mit Elektronik gearbeitet haben. Ungefähr 50 Prozent der kaputten Sachen können so wieder repariert werden.

Dank den gespendeten Geldern der oft dankbaren Besucher, können spezielle Werkzeuge und gängige Ersatzteile angeschafft werden. Am häufigsten werden Elektrogeräte wie Staubsauger, Bügeleisen, Kaffeeautomaten und Nähmaschinen repariert. Mikrowellen, Flachbildfernseher und Drucker sind im Repair Café allerdings zu kompliziert zum Reparieren. Das gleiche gilt für sehr filigrane Dinge wie Uhren und Schmuck. Das Angebot ist mittlerweile etabliert. Im Schnitt kommen etwa dreißig Personen zu den Terminen ins Regionale Umweltzentrum Schortens. Während des Lockdowns konnten dringende Reparaturfälle direkt im RUZ abgeben und diese von dort aus dann an einen Reparateur vermittelt werden.

Die Besucher des Repair Cafés sind vor allem Erwachsene, die ihre kaputten Gegenstände reparieren wollen. Besonders die Älteren sind noch in einer Zeit aufgewachsen, in denen Dinge teurer waren und länger gehalten haben. Reparieren war früher billiger und verbreiteter als heute. Ein kaputter Gegenstand konnte nach einer Reparatur noch lange verwendet werden.
Heutzutage sind Reparaturen oft kostspielig. Hohe Personalkosten, teure Ersatzteile und die Mehrwertsteuer schlagen zu Buche. Im Vergleich kostet eine Neuanschaffung meist weniger. Hier wäre auch der Gesetzgeber gefragt, die Rahmenbedingungen zu verändern, damit sich Reparatur auch wirtschaftlich wieder lohnt.

Die Ehrenamtlichen im Repair Café reparieren vorrangig Dinge, bei denen sich eine kommerzielle Reparatur gar nicht lohnen würde bzw. im Verhältnis zu teuer wäre. Wer eine Hose kürzen lassen möchte oder sein Display vom Smartphone austauschen muss, der wird an regionale Unternehmen verwiesen. Eine Liste dieser findet sich auch auf der Website des Umweltzentrums.

Leider gilt ein drei Jahre alter Gegenstand oft schon als veraltet, weil es ein neueres Model mit verbesserten Fähigkeiten gibt. Viele Menschen kaufen zudem lieber etwas Neues, als das Vorhandene reparieren zu lassen. Dabei ist es durchaus möglich, Dinge für einen langen Gebraucht herzustellen. So manches DDR Küchengerät hilft noch heute in Küchen aus und in der Feuerwache im kalifornischen Livermore brennt die berühmte Glühbirne „Centennial Light“ seit 1901!

Die Idee für ein Repair Café in Schortens kam den Initiatoren nach einem von der evangelischen Kirche organisierten Vortrag über Elektroschrott, bei dem auch das Repair Café Konzept vorgestellt wurde. Die alten Geräte aus Europa landen demnach nicht selten im afrikanischen Ghana auf der Mülldeponie Agbogbloshie. Jährlich etwa 250 000 Tonnen Elektroschrott in Form unserer alten Computer, Drucker, Fernseher und vielem mehr. Viele Kinder und junge Erwachsene versuchen aus den alten Geräten noch wertvolle Metalle wie Gold, Silber, Palladium, Kobalt und Kupfer zu gewinnen. Dafür bauen sie die alten Geräte ohne Schutzkleidung auseinander und verbrennen die Kunststoffgehäuse und Ummantelungen, um an die wertvollen Rohstoffe zu gelangen. Dabei entstehen giftige und gesundheitsschädliche Dämpfe.

Um diese Masse an Elektroschrott zu verringern, erfand die Niederländerin Martine Postma die Repair Cafés. 2009 gründete sie das erste Repair Café in Amsterdam. Daraus entstand eine weltweite Bewegung die heute 2230 Reparatur Initiativen umfasst. Reparieren schont jedoch nicht nur Ressourcen und vermeidet Müll, es verbindet auch die Menschen miteinander. Nachbarn helfen sich untereinander und die Fachleute können sich austauschen. Die Freude ist immer groß, wenn z.B. aus einem kaputten Radio endlich wieder Musik erklingt. Außerdem muss kein Geld für ein neues Produkt ausgegeben werden.

Generell sollte man bereits beim Kauf eines Gerätes auf dessen Reparierbarkeit achten. Wenn z.B. am Gehäuse keine Schrauben sichtbar sind, ist es oft nicht ohne Beschädigungen zu öffnen. Besser repaprierbar als billige No-Name Ware sind in der Regel die etwas teureren Markengeräte. Für diese gibt es auch eher Ersatzteile. Alternativ lohnt es sich, nach gebrauchten Produkten zu schauen.

Das Repair Café möchte den Menschen Mut machen, sich auch selbst an einfache Reparaturen zu wagen oder zumindest auf Fehlersuche zu gehen. Gerne geben die Fachleute ihr Wissen weiter und erklären den Besuchern, wie etwas funktioniert und wie sie bei der Reparatur vorgehen. Bei Elektrogeräten mit 230 Volt ist natürlich Vorsicht geboten. Hier sollte immer nochmal ein Experte mit draufgucken, vor einer erneuten Verwendung.

Neben dem Repair Café in Schortens gibt es noch weitere Reparatur-Initiativen in der Umgebung, so z.B. in Varel, Zetel, Wilhelmshaven und Oldenburg.
Ein Verzeichnis aller deutschen Reperatur Initiativen finden Sie hier.
Ein Verzeichnis aller internationalen Repair Cafés finden Sie hier.

 

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